Dies ist ein Gastbeitrag von Perspective Daily
Dem Online-Magazin für konstruktiven Journalismus in Deutschland
Immer häufiger lassen Soziale Medien uns überfordert zurück. Doch ganz darauf zu verzichten, ist nicht leicht. 4 Tricks, wie Du weiter digitale Medien nutzen kannst, ohne dein Gehirn dabei zu überlasten.
Vielleicht kennst Du dieses Gefühl: Du willst nur mal kurz nach dem Rezept schauen, das Du letztens auf Instagram entdeckt hast. Du scrollst auf deinem Handybildschirm, um es zu finden – schon schwemmt der Algorithmus ein lustiges Tiervideo in deinen Feed, bei dem Du hängen bleibst. Du wischst zum nächsten Inhalt. Darin erklärt Dir eine junge Frau, wie Du es schaffen kannst, abzunehmen – obwohl Du gar nicht danach gefragt hattest. Wisch, ein Typ erklärt Dir, warum Du noch nicht reich bist. Und schwupps: schon hast Du wieder eine halbe Stunde auf dem Handy vertrödelt, anstatt mit dem Kochen zu beginnen.
Im Internetzeitalter ringen alle Medien um ein rares Gut der Menschen: ihre Aufmerksamkeit. Verständlich, wenn Du inmitten aller Pushnachrichten, Algorithmen und Social-Media-Benachrichtigungen den Überblick verlierst oder abstumpfst.
Heißt das, Du solltest ganz auf Soziale Medien verzichten?
Das ist nicht immer leicht. Zudem verpasst Du so auch die positiven Effekte moderner Informationstechnologie, wie etwa den Zugang zu einem breiten Wissen. Oder den Kontakt zu Freund:innen, die weiter weg leben. Idealerweise könnten wir auf digitale Medien zurückgreifen – ohne uns dabei mental zu sehr zu belasten. Wie das geht, erfährst Du in diesem Text.
Mit welchen Tricks Medien um unsere Aufmerksamkeit buhlen
Der erste Schritt, um dich gegen den unaufhaltsamen Sog von Social Media und Co. zu wehren, ist, die psychologischen Mechanismen dahinter zu erkennen und die Tricks der Medienmacher:innen zu entlarven. Hier kommen 3 der wichtigsten:
1. Medien packen uns bei der Neugier
Menschen sind von Natur aus neugierige Geschöpfe. Dies ergab ein Experiment aus dem Jahr 2020. Dabei wurden Menschen Kartentricks gezeigt und danach vor die Wahl gestellt, ob sie an einem Glücksspiel teilnehmen wollen oder nicht. Gewannen sie, winkte die Erklärung des Kartentricks als Belohnung. Verloren sie das Glücksspiel, würden sie einen elektrischen Schlag erleiden. Als Vergleich wurde eine Gruppe hungriger Menschen mit einem ähnlichen Glücksspiel hergenommen: Als Belohnung winkte diesmal Essen, und demgegenüber stand wieder der Schock als Strafe. In beiden Gruppen wählte die Mehrzahl der Teilnehmenden das Glücksspiel und damit das Risiko, einen elektrischen Schlag abzubekommen.
Neugier und Hunger scheinen also ähnliche Antriebskraft zu besitzen – und das sogar trotz Risiko auf körperliche Strafe.
Was das für uns bedeutet?
Es erklärt, warum wir kaum anders können, als auf unserem Social-Media-Feed weiter zu scrollen oder auf Pushnachrichten zu reagieren.
2. Medien stillen unseren Hunger auf Information
Dies geschieht immer häufiger durch kleinere Nachrichtenhappen. Denn die funktionieren wie Junkfood. Sie treffen unser Gehirn ähnlich wie ein köstlicher Schokoriegel, befriedigen gerade so unseren Drang, aber lassen uns mit dem Wunsch nach mehr zurück. Das bedeutet, dass Konsument:innen öfter auf die Seite kommen.
3. Medien bedienen sich unserer Angst, etwas zu verpassen
Am lukrativsten für Medienmacher:innen ist es, einen beständigen Strom von Nachrichtenhäppchen zu produzieren und damit das Gefühl zu erzeugen, Leser:innen könnten etwas verpassen, wenn sie nicht so regelmäßig oder gar so häufig wie möglich die Inhalte konsumierten.
Die Angst, etwas zu verpassen, wurde erstmals 2004 vom US-amerikanischen Autor Patrick J. McGinnis als »Fear of missing out«, kurz »FOMO« beschrieben. Sie verleitet uns zum Beispiel dazu, ständig in der Whatsapp-Gruppe, in den sozialen Medien, oder bei Google News zu schauen, ob dort etwas Wichtiges auf uns wartet. Auch Live-Ticker auf Nachrichtenseiten funktionieren so.
Was unachtsamer Medienkonsum mit Deiner mentalen Gesundheit macht
Diese Beschleunigung kann für Leser:innen erschöpfend sein. Menschen geben häufig an, dass Nachrichten und Social Media bei ihnen Stress erzeugen. Der Körper reagiert darauf, indem er bestimmte Hormone ausschüttet, die das Immunsystem deregulieren, zu Appetitlosigkeit über Nervosität bis zu Angstattacken führen können.
Eine Studie aus dem Jahr 2022 stellte einen Zusammenhang zwischen der Nutzung von Social Media und der erhöhten Wahrscheinlichkeit, an Depressionen zu leiden, fest.
Hinzu kommt, dass Menschen negative Informationen stärker wahrnehmen als positive. Die Psychologie nennt das Negativitätseffekt. Kein Wunder, dass Onlineinhalte im Kampf um deine Aufmerksamkeit häufig als Hiobsbotschaften formuliert sind und kein negatives Detail auslassen. Klickst Du einmal auf – sagen wir – alarmierende Berichte über die Zukunft der deutschen Wirtschaft, sorgt der Algorithmus dafür, dass Du noch mehr von diesen Inhalten siehst.
So gerätst Du schnell in eine Teufelsspirale von negativen Informationen, die dich erdrücken können und Dir das Gefühl geben die Welt ist viel schlimmer, als sie eigentlich ist. Ein Gefühl der Hoffnungslosigkeit stellt sich ein.
Wie Du dem Sog digitaler Medien entkommst
Wenn Du einige der oben beschriebenen Effekte auch bei Dir merkst – erdrückende Gedanken, Stress, Hilflosigkeit – muss Du nicht komplett aufhören, Soziale Medien zu nutzen. Doch Du kannst gesündere Gewohnheiten im Umgang mit deinem Smartphone etablieren. Hier eine kleine Anleitung:
1. Erkenne deine schlechten Gewohnheiten
Oftmals greifen wir aus reiner Gewohnheit und unbewusst zum Handy. Dadurch verlieren wir viel Zeit. Mithilfe eines kleinen Medien-Tagebuchs kannst Du solche Zeitfresser identifizieren. Trag darin jeden Tag ein, wann Du Social-Media nutzt. In welchen Situationen greifst Du besonders häufig zum Handy? Was lenkt dich am meisten von dem ab, was Du gerade tust – ist es die Push-Nachricht oder die Social-Media-Benachrichtigung? Ein Medientagebuch gibt Dir Aufschluss darüber, wie viel Zeit Du täglich online verbringst und vor allem, in welchen Situationen.
2. Führe deine “Medienhygiene” durch
Betrachte nun dein eigenes Onlineverhalten kritisch. In welchen Situationen wolltest Du dich nur von einem Gefühl (z.B. die Angst vor einer neuen Aufgabe) ablenken? Wo hingegen hast Du das digitale Medium wirklich gebraucht (etwa, um das Rezept für dein Abendessen zu suchen)?
Die Antworten helfen Dir, deine persönliche »Medienhygiene« durchzuführen. Daraus kannst Du ableiten, welche Anwendungen Dir Push-Nachrichten schicken dürfen und von welchen Du hingegen nicht abgelenkt werden willst. Dort stellst Du sie aus.
Etabliere fixe Zeitfenster, in denen Du Medien konsumierst, z.B. jeden Morgen 20 Minuten oder nach der Mittagspause 10 Minuten. Die restliche Zeit legst Du dein Smartphone weg.
Vermeide zudem Situationen, in denen Du besonders häufig Zeit mit unnötigem digitalem Content vergeudest. Passiert es z.B. häufig abends vor dem Schlafengehen, dass Du zu lange Katzenvideos betrachtest? Dann verbanne das Handy aus dem Schlafzimmer.
Auf den Dopaminkick von Social Media und Informationen zu verzichten, ist nicht einfach.
Willensstärke allein reicht nicht aus. Hab deshalb Geduld mit Dir. Es kann auch hilfreich sein, mit alternativen Belohnungen zu experimentieren: Gönne Dir statt dem Bildschirm-Schroll einen kleinen Spaziergang, ein Telefonat mit einer guten Freundin oder den leckeren Smoothie im Café um die Ecke.
3. Hol Dir die Kontrolle über die Inhalte zurück, die Du konsumierst
Wenn Du Einfluss darauf haben willst, womit sich dein Gehirn beschäftigt, musst Du die Kontrolle darüber selbst übernehmen. Ein erster Schritt ist es, zu hinterfragen, wie einzelne Beiträge in den sozialen Medien auf Dich wirken. Gute Fragen für den Anfang wären etwa folgende:
- Bereichert mich ein Beitrag oder ist er für mein Leben eher irrelevant?
- Enthält ein Post wichtige Informationen oder nur Unwichtiges?
- Erzeugt das, was in die Timeline gespült wird, positive oder negative Emotionen bei mir?
Betrachtest Du Accounts und ihre Inhalte generell als Angebot, das Du annehmen oder ablehnen kannst, hast Du den wichtigsten Baustein zur Medienhygiene gefunden. Denn alle sozialen Medien haben Funktionen, mit denen Du Accounts aus der Timeline ausschließen kannst: Sei es das »Blockieren« auf Twitter, das »Entfreunden« auf Facebook oder das »De-Abonnieren« auf Youtube und Instagram. Es ist deine Timeline und Du hast alles Recht, zu bestimmen, was darauf erscheint.
4. Für die Radikalen: Mache ein Digital Detox
Für Mutige mit guten Vorsätzen ist ein »Digital Detox« oder »Digitalfasten« der bessere Ansatz – also das radikale Abstellen aller nicht für die Arbeit notwendigen Bildschirmzeit für eine bestimmte Dauer.
Tatsächlich ist es nicht so wichtig, permanent Zugang zur digitalen Welt zu haben. Schenke ihr einfach etwas weniger Beachtung. Das wäre eine positive Gewohnheit, für die es ebenfalls ein Wort gibt: JOMO (Joy of Missing Out), die Freude, online auch mal etwas zu verpassen.
Tipps zusammengestellt von Julia Tappeiner von Perspective Daily
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Das Konzept hinter Perspective Daily wurde unter anderem von 2 Neurowissenschaftler:innen entwickelt: Maren Urner und Han Langeslag. Beide wissen, wie sich der ständige Strom an schlechten Nachrichten auf unser Gehirn auswirkt.
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